Wer an fermentiertes Gemüse denkt, hat wahrscheinlich eine Portion Sauerkraut vor seinem geistigen Auge. Dabei lässt sich längst nicht nur Kohlgemüse milchsauer einmachen, wie dieser Prozess des Haltbarmachens auch genannt wird. Das Fermentieren ist eine uralte Konservierungsmethode, bei der unter anderem Milchsäurebakterien einen Gärprozess in Gang setzen, und war lange Zeit überlebensnotwendig. Fast jede Gemüsesorte lässt sich fermentieren – alles, was man dazu braucht, ist etwas Salz, Wasser und Geduld. Was lange eine Überlebensstrategie war, ist seit einiger Zeit ein nachhaltiger Food-Trend, der auch noch einen ganz entscheidenden Nebeneffekt hat: Studien deuten nämlich darauf hin, dass der regelmäßige Verzehr von fermentiertem Gemüse gesundheitsfördernd ist. Da das Gemüse nicht erhitzt wird, bleiben viele Vitamine und Nährstoffe enthalten, außerdem entstehen bei der Fermentation verschiedene Bakterien, welche die Darmgesundheit fördern können. Wichtig ist dabei allerdings, dass die fermentierten Lebensmittel nicht für eine bessere Haltbarkeit pasteurisiert werden, denn das schadet den Mikroorganismen. Am besten fermentiert man sein Gemüse deshalb selbst.
Gemüse fermentieren: Das sollte man wissen
Gemüse selbst zu fermentieren passt perfekt in die Zeit, denn es ist nicht nur nachhaltig und gesundheitsfördernd, sondern auf diese Weise lässt sich auch Geld sparen und Abfall vermeiden. Fermentiertes Gemüse ist außerdem häufig besser verträglich als Rohkost, gilt als probiotisch und kann deshalb auch als magenschonende Kost fungieren. Wer Gemüse selbst fermentieren möchte, braucht lediglich ein paar grundlegende Tipps, denn der Aufwand ist vergleichsweise gering und der eigentliche Prozess läuft quasi von selbst ab.
Welches Gemüse lässt sich fermentieren?
Eigentlich lässt sich beinahe jedes Gemüse fermentieren, am besten eigenen sich allerdings eher feste Sorten wie Kohlgemüse, Rettich, Bete, Sellerie, Rüben oder auch Kürbis. Weichere Gemüsesorten wie zum Beispiel Tomaten schmecken fermentiert zwar auch gut, werden aber sehr matschig. Allerdings bieten diese eine gute Grundlage für Saucen oder Pasten, dasselbe gilt unter anderem für fermentierte Auberginen. Sogar Knoblauch oder Meerrettich lassen sich fermentieren. Wer sich zum ersten Mal an die Fermentation wagt, erzielt die besten Ergebnisse mit strukturstarken Gemüsesorten wie:
- Weißkohl
- Rotkohl
- Karotten
- Rote Bete
- Paprika
- Wurzelgemüse
- Grüne Bohnen
- Kürbis
- Zwiebeln
Die Faszination des Fermentierens: Was passiert dabei?
Die Fermentation ist eine uralte und vor allem einfache Methode, Lebensmittel länger haltbar zu machen und stammt noch aus Zeiten, als solche Strategien schlicht und einfach das eigene Überleben sicherten. Ohne Kühlschrank und den heutigen Luxus der permanenten Überversorgung mit Lebensmitteln, musste man diese bestmöglich verwerten und ohne viel Aufwand dafür sorgen, dass sie nicht verderben. Die Fermentation hat den großen Vorteil, dass sich viele Lebensmittel, unter anderem fast jede Gemüsesorte, dafür eignen und man kaum etwas dafür braucht. Denn die Mikroorganismen, die den Prozess in Gang setzen, kommen auf dem Gemüse bereits vor. Man muss lediglich dafür sorgen, dass nicht die falschen Bakterien zur Wirkung kommen – und zwar mithilfe von Salz und Sauerstoffentzug. Entscheidend ist, dass bei der Fermentation das Gemüse ohne jegliche Einwirkung von Hitze oder auch Kälte haltbar gemacht wird, wie es zum Beispiel beim Pasteurisieren oder beim Einfrieren der Fall ist. So bleiben Nicht nur mehr Vitamine, Mineralien und andere Nährstoffe, sondern auch deren positive Effekte auf die Gesundheit erhalten. Auch Energieaufwand ist dafür nicht nötig, denn der Gärprozess läuft eigenständig ab.
Damit dieser in Gang kommt, wird dem geschnittenen Gemüse Salz zugesetzt, das ihm Wasser entzieht. Die dadurch entstehende Lake sorgt dafür, dass das Gemüse nicht mehr mit Sauerstoff in Berührung kommt und so können die Milchsäurebakterien, die sich ohnehin auf dem Gemüse befinden, ihr Werk verrichten. Denn anders als zum Beispiel Fäulnisbakterien oder Schimmelpilze brauchen sie dafür keinen Sauerstoff. Bei der Milchsäuregärung wird der im Gemüse enthalte Zucker schließlich nach und nach in Milchsäure umgewandelt. Das bedeutet auch, je länger die Gärung andauert, desto saurer wird das Gemüse. Das Salz hat dabei vor allem zwei Funktionen: Zum einen dem Gemüse die Flüssigkeit zu entziehen, zum anderen das Milieu für schädliche Bakterien oder Pilze so unangenehm wie möglich zu machen und so dem Verderben des Gemüses zusätzlich vorzubeugen.
Typische Beispiele für fermentiertes Gemüse
Sauerkraut ist in unseren Breiten wohl die bekannteste Form des fermentierten Gemüses, dabei ist diese Art der Konservierung längst nicht nur hierzulande verbreitet. Quasi am anderen Ende der Welt, in Korea, wird ebenfalls Kohl fermentiert – und das schon seit Jahrtausenden. Das Ergebnis ist Kimchi, durch Milchsäuregärung fermentierter Chinakohl und koreanischer Rettich, das dort traditionell zu fast jeder Mahlzeit gereicht wird, genau wie Reis. Allerdings ist der Geschmack von Kimchi ganz anders als der des hiesigen Sauerkrauts. Zwar schmeckt es salzig-säuerlich, bringt aber auch eine gewisse Schärfe mit sich. Ihr Kimchi machen die Familien meistens selbst, wobei jede ihr eigenes Rezept hat. Gegessen wird es zu jedes Tages- und Nachtzeit, sogar zum Frühstück. Auch Salzgurken oder saure Bohnen sind fermentierte Lebensmittel, wobei sie großzügig mit Salzlake übergossen werden, um sie luftdicht zu umschließen.
Gemüse selbst fermentierten in 5 einfachen Schritten
Wer sich zum ersten Mal daran wagt Gemüse zu fermentieren, entscheidet sich am besten für eine einfachere Variante aus Karotten oder Kohlgemüse – damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Wartezeit auch etwas Essbares und Leckeres im Glas ist. Zum Experimentieren ist dann immer noch Zeit. Wichtig ist vor allem eine penible Vorbereitung und sauberes Arbeiten. Denn wer sich bemüht, das Ganze möglichst keimfrei zu halten, hat gute Erfolgsaussichten und kann schon bald den ersten Bissen selbst fermentiertes Gemüse genießen.
1. Gläser vorbereiten:
Geeignet sind ganz normale Einmachgläser mit Gummiring, die sich luftdicht verschließen lassen, es gibt aber auch Spezialgläser zum Fermentieren, die automatisch entlüften. Unbedingt nötig sind diese allerdings nicht. Entscheidend ist, dass die Gläser unmittelbar vor dem Befüllen sterilisiert werden, zum Beispiel in heißem Wasser ausgekocht, bei 130 Grad ca. 15 Minuten im Backofen oder auch im Dampfgarer. Das verhindert, dass sich Keime oder Schimmel ausbreiten und am Ende alles umsonst war.
2. Gemüse zerkleinern und massieren:
Je kleiner das Gemüse geschnitten oder gerieben wird, desto schneller fermentiert es und die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schiefgeht, verringert sich. Übrigens sollte man auch Utensilien wie Reibe, Schneidbretter oder Messer vorher sterilisieren und sich auch gründlich die Hände waschen und abbürsten oder Einmalhandschuhe tragen, um möglichst keimfrei arbeiten zu können. Man kann das Gemüse auch in der Küchenmaschine zerkleinern. Bei der Wahl der Gemüsesorten und Gewürze sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Beliebt ist bei Anfängern unter anderem die Kombination aus Karotten und Ingwer, Weiß- und Rotkohl oder auch aus Sellerie, Karotten und Zwiebeln. Das Gemüse wird zunächst gewaschen, anschließend zerkleinert, mit Salz bestreut (ca. 20 Gramm Salz pro Kilogramm Gemüse) und mit den Händen gründlich „durchmassiert“, sodass entsprechend viel Saft austritt. Entsteht kein oder nur wenig Saft, weil das Gemüse zu fest ist, kann es auch gestampft werden.
3. Gemüse einlegen und verfeinern:
Ist genügend Flüssigkeit ausgetreten, wird das Gemüse in die vorbereiteten sterilen Gläser gefüllt und zum Beispiel mit einem Stößel fest nach unten gedrückt. Das Gemüse darf nicht mit Sauerstoff in Kontakt kommen und muss vollständig von Lake bedeckt sein, es wird deshalb im Glas mit speziellen Gewichten beschwert. Wenn die Lake nicht ausreichend, um das Gemüse ganz zu bedecken, kann man auch Wasser mit zwei Prozent Salzgehalt auffüllen. Um den Geschmack zu verfeinern, kann man das Gemüse auch mit Gewürzen wie Senf- oder Pfefferkörnern, Knoblauch oder auch Kräutern aller Art ergänzen.
4. Gemüse pflegen und regelmäßig entlüften:
Vor allem in den ersten Tagen entstehen während des Gärprozesses Gase, die unbedingt entweichen müssen, man sollte deshalb vor allem zu Beginn unbedingt einmal täglich kurz den Deckel öffnen und entlüften. Macht man das nicht, besteht die Gefahr, dass die Gläser bersten. Mit der Zeit verlangsamt sich die Fermentierung und es entstehen weniger Gase, dann können auch die Intervalle, in denen entlüftet werden sollte, verlängert werden. Alternativ ist es auch möglich, die Gläser in den ersten Tagen offen zu lassen erst dann luftdicht zu verschließen, wenn sich die Gärung soweit verlangsamt hat, dass ein regelmäßiges entlüften nicht mehr nötig ist. Das erhöht allerdings das Risiko, dass sich Keime am bzw. im Glas ansiedeln und das Gemüse unter Umständen unbrauchbar machen. Wer Angst hat, dass sein Gemüse durch das Entlüften zur Schimmelbildung neigt, kann auch zu speziellen Fermentationsgläsern greifen, bei denen man das Gas einfach mittels Pumpe abzieht, ohne den Deckel öffnen zu müssen oder in deren Deckel ein Lüftungsventil zum Freisetzen der Gase integriert ist.
5. Warten, probieren, genießen:
Je nachdem, bei welcher Temperatur das fermentierte Gemüse gelagert wird, ist der Vorgang nach rund zwei bis drei Wochen abgeschlossen. Wichtig ist aber zu wissen, dass das Gemüse immer weiter gärt und dabei immer saurer wird. Hat es den gewünschten Geschmack erreicht, sollte man es deshalb im Kühlschrank lagern. Gekühlt verlangsamt sich die Fermentierung deutlich und der Geschmack kann über einen deutlich längeren Zeitraum konstant gehalten werden. Rund sechs Monate lang lässt sich fermentiertes Gemüse so im Kühlschrank aufbewahren, dann sollte man es spätestens aufbrauchen.
Typische Fehler beim Fermentieren vermeiden
Der erste Versuch hat nicht geklappt? Dann am besten gleich noch einmal versuchen und die häufigsten Fehler beim Fermentieren von vornherein vermeiden:
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Nicht entlüften:
Wenn man anfangs nicht entlüftet, besteht im wahrsten Sinn des Wortes Explosionsgefahr. Glassplitter im Gemüse sind außerdem lebensgefährlich, wem so etwas also passiert, der sollte das Glas samt Inhalt entsorgen. -
Altes Gemüse:
Für das Gelingen ist es entscheidend, dass das Gemüse vorher frisch und knackig war. Was vorher schon welk und angeschlagen war, wird zum einen nicht richtig durchfermentieren, weil der Wassergehalt bei welkem Gemüse zu gering ist, außerdem schmeckt welkes Gemüse fermentiert auch nicht besser als vorher. -
Zu wenig Flüssigkeit:
Sobald das Gemüse aus der Lake herausspitzt, fermentiert es nicht mehr – und schimmelt. Und wenn ein kleines Stückchen schimmelt, muss man das Glas entsorgen. Für das Gelingen der Fermentation ist es deshalb ganz entscheidend, dass jedes kleine Fitzelchen Gemüse von der Salzlake bedeckt ist.