Vegane Ernährung ist längst kein kurzlebiger Trend mehr, sondern ein Lebensstil und eine ganz bewusste Entscheidung gegen Lebensmittel tierischer Herkunft. Eine Frage, die Veganern nicht nur von anderen gestellt wird, sondern mit der sich viele auch eigenständig auseinandersetzen, ist die nach der Ausgewogenheit. Eine ausschließlich pflanzliche Ernährung kann die Gefahr einer Mangelernährung mit sich bringen. Veganer oder solche, die es werden wollen, sollten sich deshalb ausführlich damit beschäftigen, wie sie einem Mangel an Nährstoffen vorbeugen können. Unter anderem ist es ganz entscheidend, auch bei einer veganen Ernährung den Proteinbedarf des Körpers zu decken. Wer weiß, welche veganen Proteinquellen es gibt und worauf er achten muss, kann auf teure Nahrungsergänzungsmittel nämlich getrost verzichten.
Vegane Ernährung: Auf die Balance achten
Vor allem Veganismus-Einsteiger tun sich oft schwer, bei der neuen Ernährungsweise die richtige Balance zu finden. Tierische Produkte einfach nur wegzulassen, ist nämlich nicht die Lösung. Durch den Wegfall tierischer Nährstoffquellen entsteht eine Lücke, die durch pflanzliche Lebensmittel und Produkte ausgeglichen werden muss. Entscheidende Nährstoffe, die dabei zu kurz kommen könnten, sind Proteine. Proteine haben eine zentrale Funktion für den Körper und müssen deshalb immer in ausreichender Menge über die Nahrung aufgenommen werden. Um nicht auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen zu müssen, sollte man sich deshalb bereits vor der Ernährungsumstellung informieren, welche veganen Proteinquellen es gibt und wie der Körper die enthaltenen Nährstoffe möglichst gut verwerten kann. So kommt es nämlich bei pflanzlichen Proteinen unter anderem darauf an, verschiedene Proteinquellen miteinander zu kombinieren.
Weshalb der Körper dringend Proteine braucht
Der Körper braucht Proteine, um zu funktionieren. Proteine sind Makromoleküle aus Aminosäuren und Grundbaustein aller Zellen. Sie sind nicht nur Energielieferanten für den Körper, sondern zugleich auch sein Baumaterial. Ohne Proteine gibt es weder Zellen noch einen Stoffwechsel, sie sind also der Grundstoff des Lebens. Die Fülle an verschiedenen Proteinen kommt durch die Anordnung der Aminosäuren zustande. Aus nur 21 verschiedenen Aminosäuren können unzählige unterschiedliche Proteine gebildet werden. Aber nicht alle Aminosäuren sind gleich wichtig, einige davon sind essenziell, also lebensnotwendig. Werden diese Aminosäuren nicht mit der Nahrung aufgenommen, kann der Körper auf Dauer nicht überleben, denn er kann sie selbst nicht herstellen. Dazu zählen:
- Isoleucin
- Leucin
- Lysin
- Methionin
- Phenylalanin
- Threonin
- Tryptophan
- Valin
Aminosäuren kommen zwar auch frei in Lebensmitteln vor, der Großteil davon ist aber in Form von Proteinen gebunden. Um Proteine verwerten zu können, werden sie im Körper in Aminosäuren aufgespalten und dann zu körpereigenem Protein umgebaut. In dieser Funktion dienen sie dann beispielsweise dem Muskelaufbau. Wer zu viele Proteine zu sich nimmt, beispielsweise in Form von zusätzlichem Proteinpulver, hat davon übrigens meist keine Vorteile: Ab einer bestimmten Menge wandelt der Körper überschüssiges Eiweiß nämlich in Kohlenhydrate um.
Tierisches oder pflanzliches Protein – was ist besser?
Wie wertvoll die in Nahrungsmitteln enthaltenen Proteine für den menschlichen Körper sind, hängt vor allem damit zusammen, ob und in welcher Menge essenzielle Aminosäuren darin vorkommen. Die biologische Qualität wird umso höher, je mehr das Protein aus der Nahrung dem körpereigenen Protein entspricht. Tierische Proteine, wie sie zum Beispiel auch in Eiern oder Milchprodukten enthalten sind, ähneln in der Regel den Körperproteinen des Menschen mehr als pflanzliche. Allerdings lassen sich vegane Proteinquellen aufwerten, indem man mehrere miteinander kombiniert. Nehmen also Veganer Gerichte mit Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Getreide oder Nüssen zu sich und ergänzen die eine vegane Proteinquelle mit einer anderen – zum Beispiel Linsensuppe mit vollwertigem Brot –, dann enthalten diese Mahlzeiten ausreichend hochwertiges Protein, um Fleisch, Fisch oder Erzeugnisse tierischen Ursprungs ersetzen zu können.
So nimmt man als Veganer ausreichend Protein zu sich
Selbst wenn man als Veganer erhöhten Proteinbedarf hat, zum Beispiel als Sportler oder in der Schwangerschaft, kann man in der Regel auch diesen mit natürlichen Proteinquellen decken und braucht dafür nicht auf teure Kapseln oder Pülverchen zurückzugreifen. Als Richtwert für den täglichen Proteinbedarf eines Erwachsenen werden rund 0,83 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Das entspricht bei 70 Kilogramm Körpergewicht einem Proteinbedarf von 58 Gramm pro Tag. Diese Menge lässt sich in Ländern mit einer normalen Versorgungssituation ganz einfach über die Nahrung decken. Veganer sollten allerdings wissen, welche Lebensmittel die effektivsten pflanzlichen Proteinquellen darstellen und wie viel sie davon in etwa zu sich nehmen müssen. Kichererbsen zum Beispiel enthalten pro 100 Gramm rund 19 Gramm Protein, während es bei Karotten lediglich 0,9 Gramm Eiweiß je 100 Gramm Gemüse sind.
Die zehn effektivsten veganen Proteinquellen
Hat man als Veganer erst einmal den Dreh raus und weiß über die wichtigsten veganen Proteinquellen Bescheid, ist es ein Leichtes, den täglichen Eiweißbedarf auch ohne Fleisch, Fisch, Käse, Hühnerei und Co. zu decken. Das sind die zehn effektivsten pflanzlichen Eiweißquellen:
- Sojabohnen: Achtet man bei Sojabohnen bzw. den daraus hergestellten Produkten auf die Qualität, sind sie wesentlich besser als ihr Ruf. Vor allem enthält Soja alle essenziellen Aminosäuren und ist bei veganen Sportlern deshalb als Fleischersatz sehr beliebt. 100 Gramm getrocknete Sojabohnen enthalten rund 38 Gramm Eiweiß, allerdings wird Soja meist in verarbeiteter Form konsumiert, zum Beispiel als Sojajoghurt, veganer Milch - Sojamilch, Sojamehl, Tofu oder Tempeh. Genau genommen zählt Soja zu den Hülsenfrüchten, wird aber hierzulande in seiner ursprünglichen Form als Edamame, wie die jungen grünen Sojabohnen heißen, nur selten angeboten. 100 Gramm Edamame enthalten übrigens 11 Gramm Protein.
- Hülsenfrüchte: Wie Sojabohnen sind auch andere Hülsenfrüchte wie Kichererbsen, Linsen oder Pintobohnen hervorragende vegane Proteinlieferanten. Sie enthalten zwar weniger Eiweiß als Soja, aber immer noch deutlich mehr als die meisten Gemüsesorten. Ganz weit oben auf der Proteingehalt-Hitliste rangieren übrigens Erdnüsse, die wie Sojabohnen genau genommen auch zu den Hülsenfrüchten zählen. 100 Gramm Erdnüsse schlagen mit 26 Gramm Eiweiß zu Buche.
- Pseudogetreide: Als Pseudogetreide bezeichnet man neben Buchweizen auch die etwas exotischeren Sorten Amaranth, Quinoa, Chia und Canihua. Im Gegensatz zu Getreide wie Weizen oder Roggen sind sie Körnerfrüchte von Pflanzenarten, die nicht zu den Süßgräsern zählen. Die Verwendung ist allerdings oft ähnlich, deshalb wird Pseudogetreide auch von ernährungssensiblen Menschen sehr geschätzt. Für Veganer stellen sie eine ideale Proteinquelle dar und enthalten außerdem meist auch noch wichtige Mineralstoffe.
- Reis und Mais: Etwas weniger exotisch sind Reis und Mais, trotzdem enthalten beide nennenswerte Mengen Eiweiß. 100 Gramm gekochter Langkornreis hat in der Regel rund 2,7 Gramm Protein. Bei Mais kommt es darauf an, ob er frisch gegessen wird oder ob es sich im Dosenmais handelt. Während frischer Gemüsemais auf 8,5 Gramm Eiweiß kommt, sind es bei 100 Gramm Dosenmais nur noch etwa 3 Gramm.
- Weizenprodukte: Der Proteingehalt von Weizen liegt bei rund 11,4 Gramm pro 100 Gramm. Für Veganer, die unter keinerlei Unverträglichkeiten leiden, sind Weizenprodukte wie Brot oder Nudeln also die ideale Ergänzung anderer veganer Eiweißquellen, um ihren täglichen Bedarf zu decken.
- Kohlgemüse: Die meisten Gemüsesorten überzeugen eher durch Mineralien und Vitamine als mit ihrem Proteingehalt. Bei Kohlgemüse ist das anders, denn deren Eiweißanteil kann sich durchaus sehen lassen. Rosenkohl zum Beispiel kann mit 3,4 Gramm Protein pro 100 Gramm punkten, ähnlich sieht es bei Brokkoli aus. Beim Kopfkohl haben mit etwa 2 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm Wirsing und Spitzkohl den höchsten Proteingehalt, gefolgt von Rotkohl mit 1,4 Gramm und Weißkohl mit 1,3 Gramm Eiweiß.
- Haferflocken: Haferflocken sind eine ideale vegane Proteinquelle, sofern sie mit anderen hochwertigen Eiweißquellen kombiniert werden. 100 Gramm Haferflocken enthalten 13,5 Gramm Eiweiß, damit es vom Körper besser aufgenommen wird, kann man es mit anderen proteinreichen Lebensmitteln wie Sojajoghurt oder gepopptem Pseudogetreide ergänzen.
- Sprossen und Keimlinge: Vor allem die Sprossen der Luzerne punkten bei Veganern mit ihrem Proteingehalt, aber auch Mungobohnensprossen, Sojasprossen, Kichererbsensprossen, Hanfsprossen oder Linsensprossen sorgen für eine abwechslungsreiche eiweißhaltige Kost und eignen sich bestens dazu, andere Eiweißquellen aufzuwerten.
- Nüsse, Kerne und Saaten: Neben den eiweißreichen Erdnüssen, die eigentlich zu den Hülsenfrüchten zählen, überzeugen auch andere Nüsse mit ihrer Menge an Protein. Besonders gut schneiden unter anderem Mandeln, Cashewnüsse, Haselnüsse, Paranüsse, Walnüsse, Pistazien und Pinienkerne ab.
- Nährhefe: Nährhefe bzw. Hefeflocken dient Veganern aufgrund des feinwürzigen Geschmacks häufig als Parmesanersatz. Was viele vermutlich nicht wissen ist, dass Hefeflocken mit deutlich mehr als 40 Gramm Protein pro 100 Gramm auch einen sehr hohen Eiweißgehalt aufweisen. Anders als Bierhefe schmeckt Nährhefe wesentlich milder und nicht bitter. Da die Menge an Hefeflocken, die man zu sich nimmt, in der Regel nicht sehr groß ist, eignet sie sich trotz ihres hohen Eiweißgehalts vor allem als Ergänzung einer eiweißreichen Ernährung.